Notfall bei Hämophilie A

Notfall bei Hämophilie A: Komme ich auch in die richtige Klinik?

Diese Frage sollte man sich eigentlich als Hämophilie Patient nicht unbedingt im Notfall stellen müssen. Die Realität sieht aber leider manchmal etwas anders aus. So wie in meinem Fall, denn vor etwa acht Jahren musste ich solch eine Situation miterleben.  Das kann schon ziemlich zermürbend und belastend sein.

Damals quälte ich mich Anfang Januar einen ganzen Tag und eine Nacht lang mit heftigen Schmerzen im Bauchraum herum, welche mich von jetzt auf gleich heimsuchten.

Meine Frau und ich gingen von einer Magen-Darm-Verstimmung aus und so trank ich fleißig Tees und nahm nur leicht verdauliche Nahrung zu mir. Mit allen möglichen altbewährten Hausmitteln versuchten wir, dagegen anzukämpfen.

Aber nichts wollte helfen: Sowohl der Tag als auch die Nacht waren eine einzige Katastrophe – schmerztechnisch und auch psychisch. Ich fühlte mich wie ein Wrack, ausgepowert und schlapp, und ich merkte, dass dieses Problem auf herkömmliche Art und Weise wohl nicht zu beheben sei. Die Schmerzen wurden immer heftiger.

Nächster Halt: Notaufnahme

Am nächsten Morgen quälte ich mich vom Schlafzimmer in der ersten Etage unseres damaligen Reihenhauses nach unten in unser Wohnzimmer. Ich sagte zu meiner Frau: „Schatz, ruf bitte einen Krankenwagen, ich kann nicht mehr!“

Meine Frau telefonierte sofort und teilte auch mit, dass ich Bluter sei und es akut sei. Gekrümmt vor Schmerzen, mit meiner Versichertenkarte und meinem Bluterausweis in der Hand, saß ich auf der Couch und wir warteten auf den Krankenwagen.

Als dieser gegen 9 Uhr bei uns zu Hause eintraf, teilte ich den Rettungskräften auch gleich mit, dass ich nicht in IRGENDEIN Krankenhaus könne, sondern in die Gerinnungsabteilung meines Krankenhauses MÜSSE – wegen meiner Bluterkrankheit. Aber das wurde komplett ignoriert.

Stattdessen teilte mir die Besatzung des RTW mit, dass man mich einfach in das nächstgelegene Krankenhaus bringen würde. Dort würde man entscheiden, wie es weitergehen solle.

Eine Überforderung und Unwissenheit in Bezug auf Hämophilie zeigte sich mir. Aber ICH wusste: ich MUSS unbedingt in mein Zentrum. Denn nur da kann ich mit Faktor VIII substituiert und schnellstmöglich gezielt behandelt werden.

In dem besagtem Krankenhaus lag ich erstmal gut zwei Stunden nur „rum“, bevor ein CT gemacht wurde. Ab dann ging alles rasend schnell.

Wertvolle Zeit ging verloren

Anhand des CT (Computertomographie) stellte man nämlich eine schwerwiegende und erhebliche Einblutung im Bauchraum fest, ausgelöst durch einen 14 Zentimeter langen Riss im Dünndarm. In Nullkommanix verfrachtete man mich wieder in einen Rettungswagen. Mit Blaulicht und einer immensen Geschwindigkeit ging es in Richtung meiner Klinik.

Erst gegen 16 Uhr traf ich in meinem Hämophilie-Zentrum ein. Inzwischen war wertvolle Zeit vergangen, die zum Behandeln hätte genutzt werden können. Und das auch nur deshalb, weil das fachliche Personal im Rettungsdienst und im ersten Krankenhaus diese Krankheit nicht genug kannte und man mich als Betroffenen und Patienten nicht ernst nahm und teilweise auch ignorierte.

In der Klinik wurde allerdings alles gleich eingeleitet – zuerst die Faktor-VIII-Gabe und anschließend weitere Untersuchungen. Nach circa einer Woche wurde ich entlassen, musste aber weiter Faktor spritzen, um diese innere Blutung weiter zu bekämpfen.

Diese Situation zeigt, dass Hämophilie A, deren Ausmaß und die Behandlung, gerade auch in Not- und Akutsituationen, weiter geschult und auch publik gemacht werden muss. Die Krankheit darf auch kein Tabuthema in der Gesellschaft sein.

Ich bin der Meinung: Je mehr Wissen über die Krankheit Hämophilie A in der Öffentlichkeit herrscht, desto effektiver kann den Betroffenen geholfen werden, ohne wertvolle Zeit zu verlieren.


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